Österliche Hexenküche á la Oma

Etwas, was ich unwiderbringlich mit meiner lieben Oma verbinde, ist die „Hexenküche“ zu Ostern. Brodelnde Kessel und Töpfe mit braunem, grünen, blauen Sud, jede Menge Eier und dazwischen meist zwei Damen mit ihren guten alten Küchenschürzen und roten und blauen Fingern vom Rote-Bete-Schnippeln und Blaukraut-Hacken…

Als Kind fand ich es eher „befremdlich“: der teilweise starke Kohlgeruch, versetzt mit etwas Essig, die blauen Hände, die dunkle Brühe, in der die Eier zwischen Zwiebelschalen und (für mich damals noch) ungenießbarem Gemüse oder Blättern köchelten – eher unappetitlich! Dazu meine gern etwas hektisch wirkende Mutter und die noch hektischer wirkende Großmutter.

Heute sind es wohlige, vertraute Erinnerungen an diese jährlich wiederkehrende Tradition. Mit viel Liebe und großem Aufwand werden selbstgemachte kleine Kunstwerke geschaffen, alles aus natürlichen Materialien und mit gutem altem Küchen-Utensil (Emaille-Töpfe) auf einem Gasherd; und darüber hinaus bereichern sie nach der Weihe in der Mette das große bunte Osterfrühstück. Das Beste ist doch: jeder bekam ein anderes, individuelles Osterei – keines war gleich.

Diese Tradition wollte ich gerne fortführen, am besten unter Einbeziehung der Kinder! Leider lässt die Lust und das Interesser der Kinder mit fortschreitendem Alter etwas nach… waren sie mit drei oder vier Jahren noch Feuer und Flamme für diese Aktionen, bin ich heute schon froh, wenn sie dann zumindest die Eier in den Sud legen wollen – ohne vorher beim Schnippeln, Schälen und Sammeln geholfen zu haben… Immerhin!

Wir haben uns für fünf Farben entschieden: blau, gelb, grün, rot und orange. Und diese Färbe-Mittel weiß ich noch von Oma: blau vom Blaukraut, orange von Zwiebelschalen, rot von Rote Bete. Bei gelb konnte ich mich nicht mehr erinnern und habe im Netz den Hinweis mit Kurkuma erhalten und bei grün erinnere ich mich, dass meine „Vorfahren“ nie zufrieden mit dem Resultat waren; gleich, ob sie es mit Spinat, Brennnesseln oder Mate-Tee probierten. Ich nehme Brennnesseln, sonst wäre ich ja eine schlechte Kräuterpädagogin.

Die Rote Bete habe ich nur gewaschen, nicht geschält und verkocht. Vom Blaukraut nahm ich diesmal reichlich, auch Brennnesseln habe ich viele gesammelt. Für den Zwiebelsud haben sechs schöne Pergament-Schalen von Gemüsezwiebeln gereicht und vom Kurkuma hatte ich ohnehin nur noch 20 g Pulver. Im Netz gibt es verschiedene Hinweise, wie hoch man die Farben „dosiert“, damit kräftige Farben resultieren. Ich denke, ca. 300g frische Masse auf ca. 1 Liter Wasser sind ein guter Anhaltspunkt. Man kocht aus den Zutaten in ca.15 Minuten einen Sud, fügt einen Esslöffel Essig hinzu (der raut die Schale etwas auf, was zu einer bessern Frabhaftung führt) und legt die Eier für ca. 10 Minuten hinein.

Mit Kindern in der Küche wird es zugegebenermaßen dann doch etwas hektisch: jeder möchte die Eier hineinlegen, jeder möchte sie herausholen und letztlich stehen die Kinder streitend vor siedenden Töpfen, es kocht etwas über, die gelben Eier sind schon mehr als 10 Minuten drin, die grünen werden einfach nicht grün… im Blaukraut-Sud platzt ein Ei und es entstehen blaue Schwulste, die an bösartige Tumore erinnern… können wir auf „Stopp“ drücken?

Und am Ende sind doch alle einigermaßen zufrieden: die grünen Eier sind am wenigsten intensiv grün, naja, die anderen sehen alle ganz passabel aus: Rote Bete hat eher ein rosa-geschecktes Ei ergeben, ebenso das Blaukraut wurde zu einem Lila-blass-blau, wie gebatikt, aber doch sehr hübsch. Die gelben und orangen Eier haben eine intensive Färbung angenommen, und sind meist auch gleichmäßig eingefärbt worden. Das Orange wurde allerdings dieses Jahr schon eher stark rot-braun.

Wenn man alle Eier zum Schluss noch mit etwas Speiseöl einreibt, glänzen sie auf dem Teller auch noch wie poliert.

Und am Osterfrühstück freuen sich dann alle darüber, dass es selbstgefärbte Ostereier gibt! Die Oma (von den Kindern) verzichtet seit einiger Zeit auf die Hexenküche (ist ja doch mit etwas Aufwand, Zeit, Geduld und Schweinerei verbunden), daher bekommt sie natürlich auch eine Schachtel von unseren Werken zu Ostern. Und wem die Farben nicht reichen, der kann sich noch an braunen Eiern aus Kaffee-Sud, anders blauen Eiern aus Blaubeer-Sud und anderen Farb-Kombinationen probieren! Ostern kommt ja glücklicherweise jedes Jahr – genügend Spielraum für Experimente! Viel Erfolg!

… und dann fängt das Ganze wieder von vorne an!

„Januar, Februar, März, April – die Jahresuhr steht niemals still…“, singt meine 7-jährige Tochter während der Hausaufgaben. Ihre letzte Probe hatte das Thema Jahr, Monate, Wochen, Jahresrechnung usw. Irgendwie passend, wo das Neue Jahr noch so jung ist, noch so kalt und man auf die ersten Frühlingsboten wartet.

Wenn ich dann meinen Vater auf dem Friedhof besuche und mir die Endlichkeit des menschlichen Daseins wieder einmal schmerzlich bewusst wird, tut es meiner Seele umso wohler, wenn sie – gar nicht gewollt bzw. gepflanzt – das Grab und den gesamten Friedhof schmücken: die Frühjahrsblüher! Schneeglöckerl, Krokusse, Winterlinge, ja sogar die ersten Märzenbecher sehe ich schon in der einen oder anderen recht sonnigen Ecke.

Wie wenn sie trösten wollten und uns daran erinnern, dass alles ein großer Kreislauf ist. So wie das Jahr nach dem Winter wieder den Frühling kommen lässt, so erheben jedes Jahr aufs Neue die ersten verborgenen Blumenzwiebeln ihre bunten und farbenfrohen Blüten aus der Erde, bieten den Hummeln erste wichtige Nahrung und unseren hungrigen, von grau-tristen Bildern erschöpften Seelen die ersten frohen Farbtupfer.

Das Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) zeigt sich dabei mit dem Winterling (Eranthis hyemalis) meist als Erstes und hat damit noch eine enge Bindung zum Winter. Einer Geschichte nach ist das Schneeglöckchen – wie sein Name schon sagt – ein Freund des Schnees.

Denn einst haben alle Dinge auf unserer Welt ihre Farbe bekommen. Dabei durften zuerst die Pflanzen ihre Farben auswählen. So wählte sich die Narzisse das strahlende Gelb, der Mohn das leuchtende Rot, das Vergissmeinnicht das zarte Blau und alle kleideten ihre Blätter in sattes Grün und die Bäume ihre Stämme in kräftiges Braun. Die Elemente wollten auch Farben haben. Das Wasser erhielt das Blau wie das Vergissmeinnicht, die Erde das Braun wie die Stämme der Bäume, das Feuer war orangerot wie der Mohn und die Lilie. Aber der Schnee blieb dabei übrig. „Ich möchte doch auch gern eine Farbe haben“ wagte er sich vorsichtig vor. Er befragte die Pflanzen, ob nicht jemand seine Farbe mit ihm teilen wolle. Doch der Schnee war nicht sonderlich beliebt. Er war kalt und nass, er machte das Überleben schwer und keine Pflanze wollte etwas mit ihm zu tun haben oder mit ihm in Verbindung gebracht werden.

Nur eine kleine, recht unscheinbare Pflanze hatte Mitleid mit dem Schnee. Das Schneeglöckchen trat hervor und hat ihm von seiner weißen Farbe gegeben.

Seitdem sind der Schnee und das Schneeglöckchen eng miteinander verbandelt. Schmilzt im späten Winter der Schnee und gibt ein wenig Platz auf dem Boden frei, so lässt sich durch die lichter gewordene Decke das Schneeglöckchen erblicken, wie es seine zarten Glöckchenblüten den Sonnenstrahlen entgegenstreckt.

Und so stimmt der Anblick dieser frühen Blümchen auf das ein, was kommt. Wie immer von vorne. Noch ziehen wir mit unseren dicken Mänteln, warmen Mützen und gefütterten Schuhen durch Wald und Flur, doch nun im Februar hört man schon die ersten Vögel wieder morgens zwitschern und erfreut sich längerer Tage.

Es fängt wieder an. Unser Kräuterjahr. Auf eine Neues. Und das Schneeglöckchen macht den Anfang!

P.S. Vorsicht – so schön und zierlich es ist – verzehrbar ist es nicht. Es steht unter Naturschutz und ist ein giftiges Amaryllisgewächs. In diesem Fall: Hände weg und nur mit dem Seh- und Spürsinn wahrnehmen! Viel Freude damit!

Wie kleine grüne Finger

Wie kleine grüne Hände mit fünf zierlichen Fingerchen dran – so sehen die Blätter des kriechenden Fingerkrautes (Potentilla reptans) aus. Und dank dieser passenden Namensgebung kann man das kleine, nützliche und hübsche Kraut auch schnell erkennen und benennen. Mancherorts wird es sogar kriechendes Fünffingerkraut genannt – noch leichter also. Eine Verwechslung mit dem leicht giftigen kriechenden Hahnenfuß (Ranunculus reptans) kann man ausschließen, wenn man wirklich die fünf Finger abzählt – der kriechende Hahnenfuß hat nämlich nur drei Fiedern, die gezackt sind.

Nützlich ist es in vielerlei Hinsicht: Im Garten ist das kleine Rosengewächs (Rosaceae) ein ansehnlicher Bodendecker. Zu Anfang wollte ich im Garten jeden Wildwuchs unterdrücken, aber das kleine Fingerkraut erwies sich Jahr für Jahr als recht hartnäckig. Als ich mit zunehmender Zeit die Liebe zu den Wildpflanzen entdeckte, bedeckte das kleine Kraut schon länger die kahle Ecke eines Blumenbeetes und mittlerweile haben es Storchschnabel, Gartensalbei und Mädchenauge schon fast überwuchert und man sieht nur noch vereinzelt die kleinen Händchen und gelben Blütchen dazwischen aufblitzen.

Die Blätter sind etwas schwer zu kauen, deshalb eignet es sich in der Küche am besten zu gehackten Kräutermischungen. Mit den gelben glänzenden Blüten lassen sich die Teller hervorragend verzieren oder man streut die gelben Blütenblätter einfach als gelbe, essbare Farbtupfer auf den Salat, die Nudeln mit Wildkräuterpesto oder über das Fischfilet mit Wildkräuterkruste (irgendwann schaffe ich es, auch diese Rezepte online zu stellen…). Wem es nicht zu schade ist, der kann selbst die Wurzeln aus dem Garten ausgraben, reinigen und kochen. Sie schmecken leicht süßlich, ähnlich der Karotte. Ich lasse die Wurzeln aber lieber im Boden und ernte nur das Kraut und die Blüten.

Der Verzehr lohnt sich für den Körper: die Blätter enthalten Gerbstoffe, Bitterstoffe, Schleimstoffe, Flavonoide und Cumarine und reichlich Vitamin C. Das macht es auch für den sportlichen Kräuter-Liebhaber interessant – dieser hat ja in der Regel einen höheren Vitamin-Bedarf, um sich dem erhöhten „Stress“ durch die Leistungssteigerung des Körpers anzupassen.

Aufgrund seines Gehaltes an Gerbstoffen und Bitterstoffen wird es ähnlich dem Gänse-Fingerkraut von Alters her auch als Heilpflanze für Schmerzen und Krämpfe im Bauchbereich bzw. Verdauungstrakt angewandt. Sein Pflanzensaft reinigt das Blut und macht es dünnflüssiger. Daher soll der Tee aus dem Kraut auch Frauen helfen, die Krampfadern-geplagt sind.

Schlussendlich wissen auch meine Kinder etwas mit dem Kräutlein anzufangen: Darf ich vorstellen? Ein Blättermensch: Ein Körper aus Hainbuche, ein Kopf aus der Ackerwinde (davon habe ich leider auch reichlich im Garten), Beine und Füße aus dem Frauenmantel, und zum Schluss auf jeder Seite zwei kleine Blätter mit den je fünf Fingern – fertig ist ein grünes Kunstwerk, oder?