Einst, wenn der Winter zur Neige ging, schlich ein gemeiner Winterdämon durch Land und Flur. Der „garst´ge Scharbock“ befiel die Menschen und erschwerte ihnen das Leben mit Müdigkeit, Muskelschmerzen, rissiger, rauer Haut. Ja, sogar manch einem blutete der Gaumen und die Knochen waren „weich“, es kam vermehrt zu Brüchen.
Glücklicherweise wussten sich die Leute damals zu helfen und trieben den gemeinen Dämon mit dem Verzehr eines Krautes aus, das sie entsprechend „Scharbockskraut“ nannten. Sie aßen es frisch, im Salat oder in der Suppe.
Heute besucht der garstige Scharbock den Menschen kaum noch. Dank den internationalen Handelsbeziehungen, die Obst und Gemüse aus fernen Ländern auch im Winter frisch zu uns importieren lassen und diversen Vitaminpillen können wir dem Scharbock einen Streich spielen. Dieser fiese Winterdämon war schließlich nichts anderes als Vitamin-C-Mangel, der durch die langen dunklen Wintermonate und die einseitige Ernährung den Menschen ausgelaugt und am Rande der Erschöpfung auf den Frühling warten ließ.


Aber selbst, wenn wir seine Vitamine nicht mehr gar so dringend benötigen wie unsere Vorfahren, lohnt es sich doch, den Blick nun bei einem Frühlingsspaziergang über den Boden schweifen zu lassen und die fett-glänzenden Blätter zu suchen.
Die im Volksmund auch Butterblätter, Schmalzblätter, Frühsalat und Bodenglitzerli genannte Pflanze begrünt als eine der ersten Frühjahrsboten den Wald- und Gebüschboden. Die glänzenden Blätter schmecken saftig und mild-würzig, so dass selbst meine Kinder sie gerne naschen. Also ab damit in den Frühlingssalat!
Und so fein sie unseren Salat auch zieren und bereichern – ihr Genuss ist leider nicht von Dauer. Schon bald strecken sich glänzende gelbe Blütensterne aus den Blattteppichen und die Blätter beginnen bitter zu schmecken. Nun gehören sie zu den ungenießbaren bzw. giftigen Weggefährten, die allenfalls noch recht hübsch für´s Auge sind.
Zur Blütenbildung reichert sich in dem Hahnenfußgewächs (Ranunculaceae) das sogenannte Protoanemonin an, welches beim Verzehr zu Erbrechen, Darmkoliken, und Nierenreizung führen kann. Der Pflanzensaft ist nun richtig scharf und führt auf der Haut zu Blasen. Diesen Umstand nutzten die Bettler früher aus und rieben ihre Haut mit dem Saft ein, um mitleiderregende Blasen vorweisen zu können.
Die daher auch Blasenkraut, Bettlerkraut oder Brennwurz genannte Pflanze hat aber auch unter der Erde noch etwas zu bieten. Ihre Brutknöllchen (kleine kartoffelähnliche Verdickungen an den Wurzeln) waren für manches Flutopfer bzw. nach Ernteausfällen durch sintflutartige Regenfälle oder Überschwemmungen Hilfe in der Not. Man nannte die Begebenheiten „Korn- oder Getreideregen“, wenn die Knöllchen zahreich aus der Erde geschwemmt wurden. Die Menschen haben sie gekocht und gegessen und mussten dank der stärke- und mineralstoffreichen Knöllchen keinen Hunger leiden.
Die zur Salbe bereiteten Brutknöllchen der auch „Feigwurz“ genannten Pflanze enthalten zudem ein adstringierendes Glycosid, welches die unangenehmen „Feigen“ (Hämorrhoiden) am After positiv beeinflusst.
Klein aber oho – trifft es bei dem Pflänzchen namens Ranunculus ficaria daher ganz gut. Einen Spaziergang mit Fokus auf den ergrünenden Boden ist es alle mal wert. Und wer die Ausbeute über seinen Salat streut, erhält nach seinem Extra-Shot Sonnenstrahlen auch noch seinen Vitamin-C-Booster!

